Folgender Text ist sehr lang; Ich habe das gestern geschrieben, bis ich bereits im Halbschlaf war und es dann nicht abgeschickt, weil ich es für zu lang gehalten habe. Für etwa fünf Minuten wollte ich den Text dritteln, dann aber wollte ich doch lieber schlafen. Jetzt, einen Tag später, stelle ich mir vor, dass folgender Blödsinn in Dritteln noch blöder ist als am Stück. Man muss es ja nicht ganz lesen. Kann man aber, kann man durchaus.
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Wir schreiben Montag. Der Montag ist mein einziger Tag mit Nachmittagsunterricht, so wie man ihn sich vorstelle. Ich habe noch einmal Sport am Nachmittag, aber da ist so viel Zeit dazwischen (sechs Stunden), dass das schon nicht mehr zusammenhängt.
Dieser ganz gewöhnliche Montag beinhaltete unter anderem folgende Zeitabschnitte:
Geschichte: Montag haben wir Geschichte in einem Klassenzimmer, von dem man direkt ins Lehrerzimmer sehen kann. Das ist das einzige meiner Räume dieser Art, in sofern müssen in dieser Stunde selbstverständlich Lehrerzimmerbeobachtungen stattfinden. Allerdings – leider – sind die Lehrer, die sich in dieser Stunde in ihren Gemächern befinden, eher langweilig. Hauptsächlich sind da Religionslehrer. Hm, trotzdem stellt sich die Frage, was hinter verschlossenen Lehrerzimmertüren mit illegal eingeschleppten Wurstsemmeln passiert. (Der Nahrungsmittelverzehr ist nur in den Nahrungsmittelverzehrzonen gestattet, die sich in der Aula und der Mensa befinden. Ja, man kann sich das durchaus wie Raucherkämmerchen vorstellen, wenn man möchte.) Aber vermutlich verpacken die Lehrer ihre Semmeln nur und verfüttern sie auf dem Heimweg an Enten.
Nebenbei wurden wir heute von unsererm Geschichtslehrer ausdrücklich zur Rebellion aufgerufen. Zahme Rebellion, versteht sich. Aber man ist ja doch erstaunt, wenn einmal ein Lehrer sich traut, offen zur Schülerseite zu stehen. (Es ging darum, dass wir als Oberstufe im neuen Schulhaus nicht mehr – wie früher – in den Pausen sein dürfen, wo wir wollen. Das heißt: Das Privileg in den Gängen stehen zu dürfen während der Rest der Welt in die Aula oder den Pausenhof muss.)
Englisch: Politik. Soll ich ehrlich sein? Es hängt mir zum Hals raus. Wir haben ja bereits zwei Klausuren über Politik geschrieben, diie nächste wird die Dritte. Natürlich ist das naheliegend und sinnvoll mit den nahenden Präsidentschaftswahlen, aber zum Hals raushängen tut es mir trotzdem. Und mir kann keiner erzählen, dass man mit einem Jahr Sozialkunde in der Zehnten nicht besser mit ausländischer Politik auskennt als mit der Eigenen. Meine Kenntnisse hören exakt bei „Überhangmandat“ auf, und das ist, soweit ich mich umgehört habe, noch recht gut. Da kann man gerne mit den Wahlen vom Sonntag daherkommen, da nun ja.. äh.. also in Frankreich, da haben sie ja noch général, régional und municipal Räte. First past the post! The winner takes it all! Und ahaaa, es gibt also einen Bezirkstag auch noch. (Der Landtag hier vernachlässigt, um den Schockeffekt zu erhöhen. Was ein Landtag ist, das wissen die meisten Schüler.) Sehr nett ist, dass sowieso die meisten ihr Unwissen annehmen und nicht besonders angetan reagieren, wenn man ihnen Neues erzählt. Tja, und die Welt ist ja selber schuld. Was es zu wissen geben würde, dass passt halt nicht in ein Jahr Sozialkunde. Es kommt ja auch niemand auf die Idee, zu denken, das man mit einem Jahr Bio, Erdkunde oder Physik genug weiß, um auf die Menschheit losgelassen zu werden.
Neun Jahre English, einige Male waren Wahlen in den USA und Großbritannien. (Wir sind ja G9, damals, als man uns erfunden hat, da war das die englischsprechende Welt. Den Rest gibt es nicht, folglich ist ihre Politik auch nicht wissenswert.) Sicher vier Mal, über die Jahre. Angefangen hat es, soweit ich weiß, in der Achten.
Genug davon. Nebenbei hab ich meiner Banknachbarin erklärt, dass mein Kenntnisstand australischer Tiere sehr eng mit den Charakteren aus „Blinky Bill“ (Ja, der Zeichentrickserie. Offensichtlich gibt es auch ein Buch, aber.. nun ja.) in Verbindung steht. Bis auf eventuell den tasmanischen Teufel, kommt da alles vor, was mir so bekannt ist. Einiges habe ich da zum ersten Mal gehört, darunter Kookaburra und Ameisenigel.
Mittagessen: Janinas und meine Taktik, später zum Essen zu gehen, wenn der erste Schwall schon weg ist, ist nicht ganz aufgegangen. Zwar standen wir jetzt auch nicht so lange an, aber mit dem Sitzplatz hatten wir dennoch Probleme. Dann tauchte am Horizont ein schülerfreier Tisch auf, allerdings mit Tabletts und Essen darauf. Zwei Siebtklässler, die das nicht hinterlassen haben, waren dabei, es wegzuräumen. Oder, besser gesagt: zu stapeln. Mit meinen sehr weitreichenden mathematischen Fähigkeiten war ich in der Lage, festzustellen, dass sich auf dem Tisch noch mehr Platz ergeben würde, sofern man die übrigen Tabletts wegräumen würde. Als ich versuchte das zu tun, hielt mich ein Siebtklässler auf, mit den Worten: „Wir sollen das nicht wegräumen.“ Ehhh.. Fragezeichen. Befinden wir uns in einer Filiale einer Fastfoodkette irgendwo im ausland, wo Servicekräfte so billig sind, dass sie gerne den Menschen hinterherräumen und einem frustriert das Tablett entreißen, sollte man versuchen, seinen Müll selbst zu entsorgen? (Been there.) Eher nicht. Wir befinden uns an einer Schule, wo uns konstant eingebläut wird, dass sämtliches Personal nicht mit einem Fußabtreter gleichzusetzen ist. (Und ja, es ist schon fast lächerlich, dass man es immer wieder zu hören bekommt. Noch lächerlicher ist es aber, dass es immer noch gehört werden muss. Und aufgeschrieben. Und diskutiert.)
Ich glaubte den Siebtklässlern kein Wort. Aber wir ließen ihnen die Tabletts bis die zwei Schüler gingen, um sicherzustellen, dass es sich bei den Essensresten nicht um ein religiöses Opfer handelte. Und nein, natürlich kam niemand, der im Tischabräumgewerbe seine Berufung gefunden hatte, und dessen Arbeitsplatz mein gefährden könnte. Jetzt müsste man nur noch wissen, von wem die Siebtklässler ihren Schmafu hatten.
Erdkunde: Achte Stunde. Klima, Passate, und so weiter. Was soll ich sagen, wir haben damals in der achten Klasse das Thema sehr, sehr ausführlich gemacht. Die meisten, die mit mir in einer Klasse waren, haben das so verinnerlicht, dass das nie mehr aus unseren Hirnen weg kann, selbst wenn wir es möchten. Nun, in meinem Grundkurs wird (zum Glück von vielen) nicht davon ausgegangen. Resultat: Langeweile? Ein bisschen Jammern nach (laut Janina, ich hoffe, ich zitiere richtig) „ansprechend aufbereitetem“ Vorträgen und viele Geschichten. Von meinem Kirschentrauma („assoziative Merktechnik“ oder so sagte Janina. Immer diesese Bio LK Menschen) bis bin zur Geschichte, wie der Leopard seine Flecken kriegte. Ich habe – das war eins meiner ersten eigenen Computerspiele – eine CD ROM „Rudyard Kiplings ‚Wie der Leopard seine Flecken kriegte'“ auf der die Geschichte erzählt wurde. Ich wusste nicht mehr viel, nur dass andauernd „Oh Bestgeliebtes“ in die Sätze geworfen wurde, was sich, laut CD, and Kiplings Tochter richten sollte. Grade habe ich bei Wikipedia nach geschaut, wie bekannt die Geschichte ist. Vermutlich weniger, als ich dachte.. ein Teil der „Just So Stories for Little Children“
Daheim habe ich natürlich gleich die CD ausgepackt. In den Grundzügen: Zuerst haben die Tiere keine Muster: Die Giraffe hat keine Flecken, das Zebra keine Streifen usw. Sie sind alle eher „reichlich gelbgraubräunlich“, weil sie leben im Hochveld, wo es nur Savannengras gibt. Dann ist da noch der Äthiopier (grau) und der Keopard, die zusammen die anderen Viecher jagen. Der Leopard ist ein ausgezeichneter Jäger, weil er am aller gelbgraubräunlichsten ist und seine Opfer ihn nicht sehen können.
Irgendwann wird es den Tieren zu blöd un sie laufen weg, in den Regenwald. Der Äthiopier und der Leopard finden so keine Nahrung mehr. Sie gehen zu einem Viech, das Baviaan heißt, und möglicherweise ein Pavian ist.
Der Leopard sagte zu Baviaan: (…) „Wohin ist das ganze Wild verschwunden?“
Und Baviaan zwinkerte. Er wusste es.
Der Äthiopier sagte zu Baviaan: „Könnten Sie mir das derzeitige Habitat der einheimischen Fauna nennen?“ (Das hieß genau dasselbe, Bestgeliebtes, aber der Äthiopier gebrauchte immer lange Wörter. Er war eben ein Erwachsener.)
Baviaan sagt ihnen den Aufenthaltsort der Tiere und fügt hinzu, dass sie beide sich ändern müssten. Also gehen der Äthiopier und der Leopard los und – na sowas! – kommen zum Wald. Die Tiere vom Hochveld haben inzwischen, aufgrund der Schatten im Wald, Flecken (die Giraffe) und Streifen (das Zebra) bekommen und sind bestens getarnt. Den Leoparden und den Äthiopier verwirrt das ziemlich: Sie können ihre Beute riechen und fühlen aber nicht sehen. Schließlich geben sich die getarneten Tiere zu erkennen und führen ihre Tarnung vor: Die beiden Jäger sind zwar begeistert und völlig überfordert, weil sie ihre Beute versteckt nicht sehen können. Schließlich, in Anlehnung an Baviaan, macht sich der Äthiopier dunkler, damit er sich in Kuhlen verstecken kann. Der Leopard zickt, weil er weder so aussehen will wie das Zebra, noch wie die Giraffe. Der Äthiopier darf im schließlich mit den Fingern Flecken auf sein Fell tupfen. Somit hat dann der Leopard Flecken.