Dienstag, Weihnachten minus zwei Tage

Es ist Dienstag. Das ist der Tag, an dem ich vier Stunden zwischendrin frei habe. Die kann mehr oder weniger sinnvoll nutzen, aber irgendwann innerhalb dieser vier Stunden muss Kaffeeeinnahme stattfinden, was ich jetzt gerade hier tue. Ich bin allein, anders als die meisten anderen Dienstage, insofern muss ich mich diesen Dienstag darauf beschränken schriftlich zu erzählen und dabei sooft wie möglich „Dienstag“ zu schreiben, zumindest in den ersten Sätzen, wie man sieht.

Dienstag beginnt viel zu früh, etwa um sechs mit einer humanen Weckvorrichtung. Die maschienelle Weckvorrichtung ist nämlich irgendwann in der Nacht ausgefallen. Und wie das so ist, meldet sie das natürlich auch nicht. Wecker sollten zumindest irgendwo ein großes „Error“ stehen haben, bevor sie gedenken auszufallen. (Alleine des Wortes „Error“ wegen)

Dann geht Dienstag weiter mit der Reise, via Bus und S-Bahn. Letztere ist wie öfters am Dienstag verspätet. Aber das war nicht so schlimm, es war ja nicht so kalt. Ich lief aus Langeweile ein „Guten Tag“ in den Schnee. Gesehen hat es vermutlich keiner, wenn es jemand gesehen hat, dann hat er es sicher nicht erkannt. (Schön war es nicht) Das war ein Schachzug aus Prinzip, weil man eigentlich dem ganzen Blödsinn, den sie Menschheit in Schnees läuft (oder uriniert) in Verkehrsmittel schmiert oder auf Toilettenwände malt entgegenwirken. Zumindest in angelaufene Scheiben ließe sich auch mehr als „Fuck“ schreiben – theoretisch.

Erkenntnis auf der S-Bahnfahrt: Manchmal kann man Langeweile riechen. Der Geruch der Langeweile ist unbeschreiblich, aber wenn man ihm begegnet, dann merkt man das sofort. Dann laufen im Gehirn geheimnisvolle Prozesse ab an deren Ende ein großes „Achtung, langweilig“, projiziert auf die Großleinwand des innen Auges steht.

Analysis, letzte Vorlesung im Jahr in der. Geringe Teilnahme. Die an weihnachten großzügig verschenkte Ressource Zeit wurde hier voll ausgeschöpft. Das ist in Analysis immer so, da läuft eine punktgenaue Zeitaufzeichnung mit, in Dozentenform. Vorlesungsminuten und freie Minuten werden ganz ganz genau aufgewogen. Ein Konzeptbruch zu Weihnachten wäre allerdings eine nette Idee gewesen. Aber man kann nicht alles haben.

Freistunden, für Weihnachten eingekauft. Ereignislos. Bis auf die Massen von Schulklassen. Vermutlich Wandertage, jedenfalls verhielten sie sich so. Sie hatten McDonald’s Tüten („Megges“, bei uns war es damals noch „Meckes“ bzw. „Mäcces“), super gegelte Haare und exquisite Gesprächsthemen. Die mänlichen Schüler schmückten stolz das prägende, vermutlich durchwegs positive, Erlebnis aus, aus einem Erotikladen geworfen worden zu sein. Beziehungsweise der eine. Sein auf der Suche nach einer nie dagewesenen Gelrichtungsalternative kläglich gescheiterer Freund sei „voll geil rausgerannt“. Weibliche Schüler fischten darauf schwer beeindruckt weiter einzelte Pommes aus ihren braunen Tütchen. (Das einzelne Fischen der Pommes aus großen braunen Tüten mag ich persönlich nicht besonders gerne . Das liegt daran, dass man die genaue Aufbewarungmethodik der Pommes nicht sieht und dass man sich dann alles mögliche vorstellen kann, vorin, voran und vorauf die einzelnen Pommes ihr Dasein bis zum Verzehr fristen. Und wo doch braune Tüten sowieso normalerweise Dinge verpacken, die man nicht sehen soll. Kompost ist noch das geringste Übel.)

Danach EiP. Da von mir hochgeschätzte Auditorium war heute zum Großteil abwesend oder kam viel zu spät und saß dann woanders. Das war ein sehr, sehr trauriger Umstand. Ich musste mich deshalb mit Alternativbeschäftigungen von meinem Leid ablenken. Wenigstens schenkte EiP fünfzehn Minuten Weihnachtsfrei, was dann dazu führe, dass ich von der MVV einen zwanzigminütigen Aufenthalt auf einem All-Inklusive-Bahnsteig ermöglicht bekam. Das war toll.

Jetzt sitze ich in der S-Bahn nach Hause, habe bereits Grundschüler mit meinem Getippe schwer beeindruckt („Hast das alles du geschrieben?“ – Sie konnten etwa einen Absatz sehen.) Einen schönen Tag noch.

//Geschrieben ist das hier ausschließlich im Café, am Bahnhof und der S-Bahn. Immer in Fünfzehn-Minuten-Stückchen.

Tags: No tags

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *