(Unkoordinierte Gedankenausschüttung zum Weltgeschehen)

Ich dachte mir: „Wieder ein bisschen Schreiben wäre nicht schlecht“ aus verschiedenen Gründen. Mit dabei war auch quasi Gedankenyoga. So ähnlich wie Tagebuch, aber Tagebuch kann ich nicht, weil ich mir immer einen Leser (oder Hörer oder Zuschauer) denken muss, sonst ist das im Kopf ja nicht wirklich losgeworden, sondern nur in die Schublade gestopft, in die man alles stopft, von dem man nicht richtig weiß wohin. Deshalb mache ich das heute trotzdem, auch wenn ich nicht richtig weiß, wo mir der Kopf steht, und ich auch keine autorisierte, wichtige Meinung habe. Ich kann nur unsortierte Gedanken liefern:

Diese Woche war Afghanistan und dann konnte ich am Ende des Tages nicht. Ich habe alle Abende dieser Woche vor der PlayStation verbracht. Vor einiger Zeit hatte ich mir „Shadow of the Tomb Raider“ geholt und seit dem hat es in der Schublade auf seinen Auftritt gewartet.
Ich spiele gerne PlayStation, aber nicht wahnsinnig viel. Es ist mein vereinnahmendstes Medium und meistens möchte ich genau das nicht. Spiele ich Sims am PC, kann ich nebenbei ein Hörbuch oder Podcast hören. Spiele ich auf der Switch, kann ich nebenbei eine Niedrigaufmerksamkeitsserie gucken.

Und jetzt, jetzt habe ich genau das gebraucht: Augen und Ohren Beschäftigt, Hände beschäftigt, Kopf mit irgendwelchen Spielzielen beschäftigt, Sofa, zugedeckt, Tee und Snacks in Reichweite. Näher komme ich nicht ran an den Maintenance-Modus, den ich den Gedanken wenigstens für ein paar Stunden geben möchte. (Manche Menschen schaffen das vermutlich auch beim Lesen, ich nicht, ich muss grundentspannt sein beim Lesen, sonst wirds nichts.) Habe mir extra ein Spiel mit recht geradliniger Handlung ausgesucht. Ich liebe Open World Spiele, aber gerade möchte ich, dass mich jemand an der Hand nimmt und sagt, was als nächstes zu tun ist.

Wir sind alle Krisen-Nachrichten gebeutelt. Was ich bei Afghanistan fühle, ist eine nochmal neue Nuance von Hilflosigkeit.
Es ist ein bisschen verwandt mit der Pandemie-Emotion, die ich 2020 kennen lernte. Die geht in etwa so: Ich dachte nicht, dass uns das passieren kann, wir sind doch eine hochgebildete Gesellschaft und Seuchen sind für Mittelalter, Schützengräben und Hungerwinter. Und warum verhalten sich so viele Menschen so dumm?
Daraus habe ich gelernt: Nein, wir sind leider nicht besonders unverletzlich schlauer-als-alles-andere.

Ich bin sehr pazifistisch. Militärische Dinge lehne ich mit einer an Naivität grenzenden Entschiedenheit ab, so weit, dass ich mich so gut wie gar nicht für Militärflugzeuge interessiere. (Naivität hier ist: Natürlich weiß ich, dass viele technologische Themen aus militärischer Motivation vorangebracht werden, dass da viel Geld für Forschung liegt usw.)

Mein Umfeld, gerade online, ist weitestgehend woke unterwegs. Ich habe gelernt, dass man langfristige Auslandseinmischungen generell skeptisch sehen sollte, weil sie (mit Ausnahme von NGOs etc) meistens nicht humanistisch motiviert sind, sondern es um so Dinge geht wie Erdöl. Und Macht. (Hängt zusammen)
Ich habe in meinem Leben schon viele Texte gelesen in die Richtung: Wie Weiße als Retter ankamen und das Land zerstört haben.

Hätte man mich gefragt, was ich denn persönlich von westlichen Soldaten in Afghanistan halte, hätte ich gesagt: Och puh, ich weiß da nichts Näheres, aber jetzt nach zwanzig Jahren können die vielleicht auch wieder aufhören, das Land zu besetzen. Ich glaube nicht daran, das Militär-Präsenz das Mittel zum Frieden ist.

Das hätte ich gesagt, weil ich nicht informiert bin. Das liegt auch daran, dass mir – als jemand, der nicht explizit nach Berichten sucht – nie irgendwas unterkam, dass mir erklärte, wie fragil die Demokratie in Afghanistan tatsächlich ist. Das auch nach zwanzig Jahren die Regierung (und Armee) dieses Landes nicht fähig ist, sich selbst zu schützen.

Jetzt möchte ich, dass die Bundeswehr Menschen rettet, mit ganz vielen von diesen A400M-Dingern, dass Frauen selbstbestimmt leben dürfen (Was natürlich nicht per so durch den Islam beziehungsweise auch die Scharia widerlegt ist, es kommt auf die Interpretation an, das wissen wir hoffentlich alle.) und alles gut ist. Und überhaupt: Dass westliche Truppen unterstützt ist jetzt das Gute, dass sie abzogen das Schlechte.

Und obwohl es nur um meine lächerliche persönliche Meinung geht: Es ist ein sehr betäubendes Gefühl, wenn man merkt, man weiß gar nichts, man sieht die Dinge vielleicht zu einfach und vor allem: Verdammt, die Welt ist ja noch grausamer, als gedacht.

Uff.

Wenigstens kann man gegen die Hilflosigkeit ein bisschen anspenden. (Bitte!)

Und jetzt muss mein Kopf wieder darum kümmern, eine reiche Engländerin in Cargohosen beim Klauen und Zerstören von Kulturschätzen zu unterstützen. (Eigentlich sind unsere Privilegien schon ziemlich ekelhaft.)

Tags: No tags

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *