Bevor ich anfing, Japan konkret zu planen guckte ich mir zunächst „10 most beautiful Places in Japan“-Bilderserien an. Hauptsächlich lernt man aus denen, dass der Herbst sehr schön in an manchen Orten, andere sehen mit Schnee großartig aus und dann gibt es noch welche, die im Frühling zu Kirschblüte toll sind. Kurz: Wahrscheinlich ist der Sommer in Japan beschissen. Wenn man Sommerdinge sucht, kann man gut 7 der 10 Plätze kicken, weil sie mit Sommer, also sehr grün, nicht wirken.Und dann gibt es Plätze, die kann man sich vorstellen und wenn man sie sich genauer ansieht, kommt der Todesstoß: „This place is best explored by rental car.“ Anders herumverkehrsmittel abseits der Shinkansenlinien und Pendlerzüge nimmt oft sehr viel Zeit in Anspruch und man muss abwägen, ob es sich lohnt. Nachdem es mir sowieso in den Kram passte, an nicht so stark frequntierte Orte zu fahren und dort auch zu übernachten, dachte ich, ich kann im Prinzip alles tun.
Aber der Schrein Kumano Nachi Taisha in der Präfektur Wakayama ist zu schlecht zu erreichen für einen Tagesausflug von zum Beispiel Nagoya und die Übernachtungsmöglichkeiten stellten sich als nicht so attraktiv heraus. Außerdem war ich schon einmal weniger weit unten auf der Halbinsel Mie gefangen, als ich zwei Steine angucken wollte, aber das ist eine zu dramatische Geschichte für jetzt. Und Hokkaido, wo auch dieser blaue See ist, frisst zu viel Zeit für ein zwei Tage. Vielleicht demnächst, wenn der Hokkaido-Shinkansen bis Sapporo verlängert ist. Und außerdem hat das Internet bestätigt, dass der blaue See besonders blau und schön im Frühling, Herbst und Winter ist. Yakushima (Kagoshima)? Zu hohe Extra-Reisekosten, für die Fähre und all die Busse, denn Züge gibt es dort nicht. Vielleicht demnächst, wenn ich mal eine Japan-The-Kyushu-Special-Reise mache. Jadenfalls fand ich auf der CNN Topliste den Motonosumi Inari Schrein bei Nagato. Fand heraus, dass die Insel Omijima, die über eine Brücke von Nagato aus erreichbar ist, auch schön ist und dass man im nächsten Ort, Hagi (der auch nett ist) gut übernachten kann. Also ziemlich genau was ich suchte, nur, wie schon erwähnt, die öffentlichen Verkehrsmittel machen sich ein wenig rar. Und während Hagi meist in Reiseführern wenigstens erwähnt ist, fehlt Nagato komplett. Ja, auch im Lonely Planet. Auch auf Karten. Spannender geht also kaum.
Der heutige Plan war: Mit dem Zug zunächst von Hagi nach Nagato auf der Sanin Main Line zu fahren. Google Maps und Hyperdia (Routenplanung für Japan; Vorteil ist, dass man eine Rail-Pass-Suche aktivieren kann, damit nicht immer die schnellste, sondern die kostenloseste/billigste Verbindung angezeigt wird) zeigten mit beide an, ich solle zur Station Nagatoshi fahren mit einem Zug mit Endstation Nagatoshi und dann sofort weiter zur Station Nagato-Furuichi, mit einem Zug mit anderer Endstation. Ich schlussfolgerte, dass ein und derselbe Zug ab Nagatoshi wohl mit anderer Flagge fahren würde. Von dort aus würde ich wie schon angekündigt, mein Taschengeld für eine 15 minütige Taxifahrt zum Schrein. Ein Roundtrip würde etwa 42€ kosten, aber eine unvernünftig teure Unternehmung pro Urlaub darf man haben. (Mindestens.)
Was dann kam, war der lächerlich kleinste Zug, den ich jemals gesehen habe. Denkt an den lächerlich kleinsten Zug, den ihr kennt. Und, war er so lächerlich kein, dass der Zugführer bei einem Bahnhofshalt einmal durch den Zug gehen konnte und mit allen Passagieren smalltalken konnte? (Mindestens, bis wohin man fährt, zum Teil mehr). War der Zug so lächerlich klein, dass es kine Fahrkarten gab, sondern man beim Aussteigen beim Zugfahrer zahlen musste? So klein war der Zug. Dafür führte die Strecke am Meer entlang, was toll gewesen wäre, hätte es nicht morgens intensiv gegossen.
Nun, in Nagatoshi warf man alle aus dem Zug, der Zug fuhr davon, ein anderer Zug, der rumstand, hatte das falsche Ziel. Also fragte ich nach, wo denn mein Zug wäre. Und gestern habe ich ja noch schön behauptet, wie viel Mühe sich Japaner beim Verständigen geben. Sämtliche Personen, mit denen ich heute zu tun hatte, waren zwar stets bemüht, aber da hörte es leider auf. Jene Personen sprachen kein Wort Englisch, im Sinne von: Kein einziges Wort, oder sie gaben es vor. (Im Japanischen sind sehr viele Wörter, gerade Substantive, aus dem Englischen entlehnt.) Vielleicht ist es so, dass diese Menschen noch nie eine Fremdsprache gelernt und/oder angewendet haben und das Verständnis fehlt, wie man mit rudimentären Kenntnissen umgeht. Sowas wie simple Sätze, Schlüsselwörter, gerne mit Gesten. Was nicht so sinnvoll ist, ist ein schneller Schwall von fünf Minuten auf die Frage „Entschuldigung, wo ist dieser Zug?“ Natürlich sind es immer noch liebe Menschen und die helfen und führen einen dahin, wo man hin muss, auch wenn man nichts versteht. Ich wurde in ein Taxi mit einem Taxifahrer und drei Mädchen in Schuluniform geführt, dass zum Bahnhof, zu dem ich wollte, fahren sollte. (Soviel verstand ich) Wahrscheinlich war es eine Art Schienenersatzverkehr, Google Maps zeigte mit dann auch irgendwann Probleme auf der Zugstrecke an und auf dem Weg zurück war der Zug auch verspätet. (In Japan!) Hätten sie halt einfach „Zug kaputt“ oder „Zug jetzt nicht da“ gesagt. Hm.
Das Taximeter lief die ganze Zeit, die Schulmädchen stiegen aus und ich fragte mal lieber nach, was mich der Spaß jetzt kostet, erneute 10 Minuten, in denen ich insgesamt „JR“ (aka Japan Railways) verstand. Okay, wohl nichts, weil Schienenersatzverkehr statt dem JR Zug. Und nachdem Taxen in der Gegend wohl so selten sind wie regelmäßige Fahrpläne engagierte ich den Taxifahrer gleich als designierten Schreintaxifahrer. Erfreute sich so, dass er mir ausführlich darlegte, dass man Taxifahren, die in einem Taxi stattfinden und nicht dieses Taxi nicht einen Zug ersetzt, mit dem weiß Gott was passiert ist, weil normalerweise fährt da ein Zug, ein JR Zug, nur heute zu dieser Uhrzeit nicht, heute fährt ein Taxi, das den Zug ersetzt (weil der nicht fährt) und die Passagiere, die sonst mit dem Zug fahren würden, welcher ausfällt, können das Taxi in Anspruch nehmen, und daraus resultiert, dass die Leute, die den Zug nehmen wollten, der nicht fährt, und jetzt quasi unfreiwillig das Taxi nehmen, und die unvorhergesehen Mehrkosten, im Taxi dargeboten als Betrag auf dem Taximeter, entfallen, was bedeutet, dass die potenziellen Fahrgäste des entfallenen Zuges die Taxifahrt nicht bezahlen müssen, obwohl normalerweise und auf allen Fahrten, die nicht Züge ersetzten, Passagiere den Betrag zahlen müssen, der auf dem Taximeter angezeigt wird, also im Falle des Schreines würde das dann auf zurückgesetzt werden und fortan ansteigen, bis ich, Passagier des Taxis und nicht eines ausgefallenen Zuges in diesem Fall, wieder aussteige. Okay? Ja.
Ähnliche Situation, ich fragte, wie viel es kosten würde, das Taxi warten zu lassen, während ich den Schrein angucke, andernfalls finde ich vielleicht kein Taxi mehr zurück. Mit wurden im ersten Satz 30 Minuten für lau angeboten, was in den nächsten fünf Minuten noch gesagt wurde, weiß ich nicht, aber ich stellte besser keine Fragen mehr. Meine Güte, ich habe darüber keine ernsthaft bösen Gedanken und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass ich am Ende nicht durchkomme mit dem, was ich wissen will, oder bei völlig falschen Informationen rauskomme, aber es war so unnötig anstrengend und man fühlt sich auch etwas dumm.
Meine soziale Energie war danach auf vollkommen aufgebraucht und das war nicht schlimm, denn ich wollte mit ohnehin ein Rad leihen und auf Omijima spazieren fahren. Nach meiner sehr positiven Fahrraderfahrung gestern bekam ich heute ein Mamachari des Todes das für Mamas geschnitten war, die ungefähr 1,30m groß sind. (Aber die Verleihfrau war so nett!) Mamacharis sind einfache Fahrräder und beliebte Verleihräder. Sie haben einen Korb (sehr praktisch) und keine Gangschaltung denn schließlich sind sie eher dazu da, durch die Stadt zu gurken. Schon die Brücke nach Omijima weißt eine Steigung auf und schon auf der Brücke nach Omijima kündigte ich meinem Elektrolythaushalt die Apokalypse an und musste schieben. Es folgte noch zwei weite Achttausender auf dem Weg zur gegenüberliegenden Küste. Hochschleifen, Aufsteigen, mit 50 km/h runterbretten und das Leben einer zweifelhaften Handbremse in die Hand geben. Es war schön.
Hätte ich mich nicht erst sehr ausgiebig verfahren, (die Karte war falsch, ich schwörs!) hätte ich auch mehr Zeit gehabt, den Küstenpanoramaweg entlang zu laufen. So war ich nur auf einem Teil, weil Mamachari pünktlich zu Hause auf der anderen Seite der Achttausender sein musste. Falls jemand mal dahin kommt: Für alles Spannende ist der Ausgangspunkt der Campingplatz in der Mitte, da muss man hin. Dass die (japanischen) Karten, die nur den kleinen Teil um den Campingplatz zeigen, zufällig aussehen, wie die ganze Insel, ist ein dummer Zufall. Dafür sah ich Reisfelder und eine Hängematte, ich bereue fast nichts.
Zurück für ich auf der Meerseite im Zug, da regnete es auch nicht mehr und ging auf dem Rückweg in ein japanisches Restaurant, das auf dem Weg lag und aß ein Menü mit Katsudon. Ja, und morgen, morgen wird der vielleicht schlimme Tag, vor dem ich mich schon ein bisschen fürchte: Ich fahre nicht auf direktem Weg mit dem Bus zurück auf die andere Japanseite, sondern über einen Nationalpark Quasi-Nationalpark mit einer Höhle, den mir ein Bekannter, der aus der Gegend kommt, empfohlen hat. Ich ahne ein bisschen, dass es vielleicht dort keine Möglichkeit gibt, den großen Rucksack zu parken und dass ich ihn durch die Höhle schleppen muss. Das wär mir schon wieder zu viel Sport. Danach fahre ich das von uns allen geliebte und verehrte Miyajimaguchi.