TKKG und die geheimnisvolle Sapodilla

Mein Hobby ist, meine Kindheitshobbies einfach weiterzufeiern. Das fällt mir auch immer sehr einfach, weil in meinem Hirn ein sehr großer Bereich für Kinderkram reserviert, ich mich immer noch an vieles erinnere und immer gleich wieder drin bin.

Kinderkrimis, wichtiges Thema. Ich hab noch nicht so recht was gefunden, was Erwachsene lesen, wenn sie eigentlich Ein Fall für dich und das Tiger-Team lesen möchten und was man spielt, wenn man eigentlich TKKG möchte und keinen CSI-Quatsch.

Ich war früher sehr begeistert von den TKKG-Spielen von Tivola, besonders Teil 8, „Das geheimnisvolle Testament“ und Teil 3, „Der Schatz der Maya.“ Ich hab zwar in meiner Erinnerung jedes nur etwa dreimal gespielt, wahrscheinlich war da eher im unteren Millionenbereich. Ich kann das gereimte Testament auswendig aufsagen und aus dem Maya-Teil habe ich auch noch viele Bruchstücke im Kopf. (Papirossi. Russisch. Mit Knickfilter. Ganz seltne Marke.)

Im Maya-Spiel werden aus dem Museum zwei Jadeköpfe, von Hunahpú und Ixbalanqué, gestohlen und man muss diese aufsprühen, diverse Mysterien aufklären und die Welt retten, in dem man mit je einer Person der vierköpfigen Detektivgang Leute befragt und russische Zigarettenstummel aufsammelt. Ganz am Anfang hängt man sehr viel im Museum bei der Leiterin der Maya-Ausstellung herum, Frau Dr. Svenja Akerström, die kein „sch“ sprechen kann und sehr dominanten Lidschatten trägt. Irgendwann bittet sie eins der Kinder (wahrscheinlich das Dicke, das muss immer alle Themen mit Lebenmitteln abhandeln), Schildchen in der Maya-Lebensmittelvitrine zuzuordnen und erklärt dabei die abgebildeten Sachen.

Darin sind ein paar Stufen Schokoladenherstellung, was mit Mais, Kaugummi und eine Rübe. Frau Dr. Svenja Akerström sagt zu der Rübe:

Das ist ein Breiapfel. Er wächst am Sapodillbaum und ist sehr süß und sehr sättigend. Besonders die Mayakinder haben sehr gerne Breiäpfel gegessen.

Aha. Okay. Dann erklärt Frau Dr. Svenja Akerström noch, dass aus der Rinde des Sapodillbaumes klebriges Zeug gewonnen wurde (Chicle), die Urform des Kaugummi. Glücklicherweise hat das Internet noch Screenshots der ganzen Mayaessensaktion und der Breiapfelrübe übrig:

case_for_tkkg_3_-_11__full(Internet im diesem Fall die hier)

Breiäpfel und Dinge wie Quetzalcoatl und Hunahpú und Ixbalanqué sind seit dem in dem Matschepampe von Dingen, die man so nur braucht, wenn Quizapps gerade zwei Wochen cool sind.

Fünfzehn Jahre später (Ernsthaft. Ungefähr.) veranstaltet Pablo netterweise eine Abrissparty, weil ein schmieriger Immobilienhai seinen Wohnblock weggekauft hat und alle schmuddeligen Studenten auf die Straße setzt. Und weil ich am nächsten Tag nach München fliegen muss, habe ich mir gleich einen Flug um sieben gebucht muss durchmachen, auch als die Party schon längst gekippt ist. (Was natürlich nur passiert, wenn man durchmachen muss.) Netterweise erzählt mir dann Rolf relativ detailliert von seiner Indienreise, unter anderem anhand seines Instagram-Streams. Der zeigt unter anderem eine Frucht, die angeblich gut schmeckte, die man aber bei uns nicht kennt und Chiku hieß.


Wir ahnen, was kommt. Irgendwann später (und nüchterner) google ich nach dem Chikuteil, lande auf der Wikipediaseite von Manilkara zapota, der Sapodilla, auf Deutsch auch: Breiapfel. Sofort Frau Dr. Svenja Akerström im Ohr und sofort: Gut, Showdown, Breiapfel. Mit Zehnjährigen ohne Internetzugang kann sich jeder anlegen. Heute sieht das ein bisschen anders aus. I will find you and I will eat you, Bitchrübe.

Zuerst war ich sehr zuversichtlich, weil, sein wir mal ehrlich, es ist ja schon 2016. Ich habe vor zehn in Thailand das erste Mal Rambutan gesehen, jetzt liegen sie bei Edeka entspannt neben den Mangostanen, Menschen feiern Drachenfrüchte, obwohl ich noch nie eine aß, die nennenswert nach irgendwas geschmeckt hab, und madenfressende Fernsehmenschen haben einem breitem Publikum Durian näher gebracht. Und der Gegner ist eine Frucht, die aus Mittelamerika kommt, die man in auch in Südamerika und der südlichen USA finden kann, die man seit dem in Indien und Südostasien anbaut und die einen deutschen Namen wie Breiapfel hat. Nicht einmal Orangen haben einen Namen wie Breiapfel. Das kann ja nicht so schwer sein.

Einen Nachmittag letzten Frühling opferte ich der Sapodilla, durchkämmte gut sortierte Supermärkte und Asia-Läden. Ohne Erfolg. Ich schob es darauf, dass die Sapodilla-Import-Saison laut Internet eher so September – Anfang März ist, also war ich vielleicht einfach zu spät dran. Halbes Jahr Zwangspause. Anfang September war ich dann mehrmals in London, und wenn eine europäische Stadt seltsame Lebensmittel importiert, dann London. Im Internet fand ich diverse Posts zu Sapodillas, immer in dem Stil: „Hallo, ich habe zufällig einmal Sapodillas bei Waitrose/Tesco/Dings gefunden, das hat mein Leben verändert, jetzt sind sie für immer verschwunden. Wo bekommt man welche her?“

Ich war in jedem größeren Supermarkt in London. Und ich glaube gerne, dass man da immer mal wieder was besonders Exotisches findet, aber momentan eben leider keine Sapodillas. Ich fand eine Seite, die exotisches Obst verschickt und gemixte Säfte verkauft mit zwei Adressen, der Saftbar in der Portobello Road und der Zentrale in Bayswater. Ich war in Bayswater, wo ich einen Obstladen vermutete: Es war nur ein Büro, wohl für Logistikkram, in einem oberen Stockwerk eines Wohnhauses. Ich ging dann da nicht hinein. Aber das Internet sagt, Sapodillas schmecken heavenly, nach Marzipan, nach Birne mit Zimt, nach Root Beer, nach Karamell. #nevergiveup.

Jetzt neulich war ich dann in Thailand und Kambodscha, offiziellem Breiapfelterritorium, exzellente Aussichten. Das Problem ist nur, ich war die meiste Zeit auf kleinen Inseln, die alle Lebensmittel einschleppen müssen. Und der Einschleppekatalog ist nach Ananas, Wassermelonen, jungen Kokosnüssen und Mango relativ schnell zu Ende. Was der Tourist nicht kennt oder nicht schön auf Instagram aussieht, frisst er nicht. Die erste größere Stadt war dann Siem Reap in Kambodscha. Man muss wissen, der Wikipedia-Artikel über kambodschanische Küche hat diesen Absatz über Früchte, der sagt:

Fruits in Cambodia are so popular that they have their own royal court. The durian is considered the „king,“ the mangosteen the „queen,“ sapodilla the „prince“ and the milk fruit (phlai teuk doh ko) the „princess.“

Trotzdem, in der Stadt sind Obststände für Touristen, und Touristen wollen (leider) keine seltsamen Sachen. Und dann, in einem Supermarkt für echte Menschen, neben den Kiwis:

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Tadaa! Ich kaufte zwei Packungen. Mehr wären Quatsch gewesen, sie waren nämlich am nächsten Abend nach einem Tag im Koffer schon leicht angematscht. Viel halten sie nämlich nicht aus, ich hab mir nur gemerkt, dass Temperaturen zwischen 6°C und 10°C der sofortige Breiapfeltod sind. Pff, Divas.

Worauf wir alle gewartet haben: Nun ja. Ich finde, sehr, sehr reife Birnen am treffendsten. Schon sehr lecker, aber das habe ich ja schon erwartet. Ich glaube, ich könnte mir Breiäpfel auch gut in Smoothies vorstellen, statt Banane. Sonst war das Teil so anders und dominant, dass ich sie lieber alleine aß statt unter andere Frühstücksbuffetfrüchte zu mischen. Trotzdem: Super, und ich wäre treuer Sapodillakunde, wenn sie denn endlich zu und käme.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA          Processed with VSCOcam with f2 preset

Letztendlich kann ich jetzt endlich mich als Zehnjährige highfiven. Fall gelöst.

Andererseits: Hm, was ist eigentlich eine milk fruit?

Puh, aß ich schon mal. Glück gehabt.

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