Sieben Jahre

Heute war Abistreich. Nicht allzu interessant, aber wir durften eine Stunde früher nach Hause. Mein Schwester wollte mit ein paar ihrer Freunde ihre ehemaligen Grundschullehrerinnen besuchen, da habe ich mich einmal spontan an ihre Fersen geklettet.

ich habe die Grundschule vor sieben Jahren verlassen. ich hätte gesagt, dass sieben Jahre praktisch nichts sind, vor sieben Jahren hatten wir das Jahr 2000 und schon alleine, weil es die jahreszehl mit einer Zwei beginnt kann das noch gar nicht solange her sein. Wahrscheinlich hätte ich meine ehemalige Grundschule nicht wiedererkannt, wenn mir nicht jemand gesagt hätte, dass sie das ist.

Als ich in die erste Klasse kam, war alles noch so, wie es vermutlich an der Schule Jahrzehnte vorher auch schon gewesen ist. Wir mussten uns zum Singen um das Klavier stellen, sollten auf dem Klassenfoto möglichts mit Kleidern zu sehen sein. wir hatten einen Holzboden, in den Klassenzimmern sowie auch in der Turnhalle. Es gab eine Eselsbank und man musste sich in die Ecke stellen, wenn man geschwätzt hat. wir waren eine sehr disziplinierte Grundschule. Wir hatten ein strenges handarbeitsfräulin, mit Haarknoten und Trachtenklamotten. Am Ende der Pause musste sich jede Klasse in Reih und Glied an einen auf dem Asphalt gemalten Streifen stellen, bis die Lehrerin einen Abgeholt hat. Es gab ein Nikolaus- und ein Erntedankfest, vier Adventsfeiern, zwei Bundesjugendspiele im Jahr und überhaupt lief keine „Zeremonie“ ohne die bayrische Hymne ab.

So war das. als ich in der zweiten klasse war, haben sie angefangen, zu revolitionieren. Der Pausenhof wurde umgestaltet, sie haben eine „Ruhezone“ gebaut. und sie haben den Kellergang zu den Turnhallen bemalt. Viel mehr hat sich in meinen Grundschuljahren nicht verändert. Aber danach. Jeder, der zu meiner Zeit irgendetwas zu sagen hatte, ist in Rente. Vom Direktor über die Sekretärin zum Hausmeister. Sie haben jetzt einen Anbau und einen Container, einen Aufzug und ein Windspiel.

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Das war dasErste, was ich heute sah. Das hatte ich nicht erwartet. Was ich erwartet hatte, war ein seperater Raum mit dunklen Holzbänken an der Seite (wie in einer kirche) und darüber die schönen „Lehrer geht mit Rohrstock durch die Reihen“-Bildchen. Das war immer ein finsterer Raum. Die Elten hätten dort auf ihre Kinder warten sollen, taten es aber nie. Und die Kinder, die fanden die Rohrstockbildchen weniger hübsch. Ich fand die Rohrstock-Kirchenbank-Atmosphäre spannend. Ich hatte mich auf sie gefreut. Aber es gab nur noch Möbelhausoptik. Und die grünen kästen mit den ausgestopften Tierchen standen früher auch woanders.

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Das Zweite, was ich sah. Das erste Klassenzimmer links, da war ich in der ersten und zweiten Klasse. Meine Lehrerin ist schon lange in Rente. Es ist ja nicht so, dass sie gerade erst weggegangen ist. Aber es sieh ein bisschen gestorben hinter der Glastür aus. Kein Wunder, wenn das Betreten verboten ist. Aber man kann nicht einmal nachvollziehen, was sie da umbauen.

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Treppenhaus. Rechts steht zwar immernoch der alte Maibaum mit Schülerbildern, aber der Rest ist verschwunden. Man sieht noch schön die Flecken, wo früher diese Schaukästenbildchen hingen. Wir hatten davon so viele, wie ich nie mehr woanders gesehen habe. wir hatten alles vom Bild „Rohstoffe“ (mit kleinen Rohstoffstückche) bis zum bild „Giftige Wiesenpfalnzen“ (mit getrockneten giftigen Wiesenpflanzen). Die Bilder waren schon zu meiner Zeit verstaubt und veraltet, aber man ließ sie hängen. meine Schwester kennt sie auch nocht gut, also müssen die erst kürzlich abgemacht worden sein.

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„Oh, ein Gang wie früher!“, dachte ich mir da. Aber es gibt keinen unbelassenen gang mehr. Dieser hat weiter hinten einen Aufzug und den Zugang zum Anbau.

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Anbau, sehr toll architektisch und mit allem, was der Schüler von heute so braucht, sprich Mittagsbetreuung und solchen Spaß. Allerdings stand da einiges an Räumen leer. Aber gut, auch einmal eine andere Situation.

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Die vermutlich letzte ganz originale Tür (man beachte die schöne Klinke). Daneben die Stecktafel mit Raumnummer und so weiter. Das war das einzige, was sie noch überall hatten, die Stecktafel. Schön, ich wäre verzweifelt, wenn die Stecktafeln weg gewesen wären.

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Schulhof in Parkplatzoptik. (Und jetzt mit Rollstuhlauffahrt) Früher war der Asphalt voll mit Hüpfkästchen, die größenteils schon recht „abgehüpft“ waren und kaum mehr zu erkennen. Ich frage mich, ob die sowas wieder malen.. aber wahrscheinlich interessiert sich jetzt niemand mehr dafür. „Gummitwist“ sagt ja schon keinem mehr was.

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Anbau. Wie gesagt, sehr architektisch. und man hat wieder einem arbeitlosen Fensterputzer geholfen. Früher war an der Stelle ein rostiger Fahrradständer.. und weitere Hüpfspielchen.

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Letzte Spuren von dem, wie die Schule aussah, als ich hinging. Das war einer der Streifen, an dem man sich zum Pausenende anstellen musste. Bänkle und Busch sind neu. Und vermutlich weiß niemand mehr, wozu der Streifen einmal da war.

Ich bin ein bisschen angefressen. Ich bin neidisch, wenn meine Mutter sagen kann, dass die Schule auf der Schanz immernoch so aussieht, wie damals, als sie hinging. (Sie sieht auch immer glaich aus, wenn wir vorbeifahren.) Alle erzählen, ihre Grundschulen seien immer noch „genauso“, weil man an Grundschulen nicht herumbaut. und meine Grundschule schaut nicht einmal nach nur sieben Jahren noch ansatzweise gleich aus. Ich könnte erzählen, dass im Gang zu den Turnhallen, zum Dschungel, der dort gemalt ist, zu dem habe ich die zwei Faultiere, den Papageien und den Lemur beigetragen. Ich war sehr stolz, weil den Papageien jeder ganz toll fand und niemand kapiert hat, was das Tier mit dem gestreifen Schwanz hinter der Tür war. Der Gang wird jetzt nicht mehr benutzt.

Man fühlt sich ein bisschen ausgerottet. Ich stolpere in jeder zweiten Toilettenkabine an unserer Schule über von Klassenkameraden in der Unterstufe hinterlassene Schmierereien und in meiner alten Schule sind nicht einmal die ausgestopften Tiere mehr da, wo sie waren. Und es sind nur sieben Jahre.

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