Mir ist ja die WM egal.

Fußball ist mir einfach unsympathisch.

Ich wurden an einem Montagmittag geboren. Das war 1990. Der Tag davor war ein, wie das für Montage so üblich ist, Sonntag. An diesem Sonntag hat die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen die holländische gewonnen und Rudi Völler war angespuckt worden. An dem Tag, als ich nun geborgen wurde, war das das Thema auf dne Krankenhausgängen, hat man mir erzählt. Ich finde diese Tatsache ganz in Ordnung, wenn sich mein Zeitstrahl ein bisschen mit dem der restlichen Bewohner Deutschlands überschneidet. Es ist kein Mauerfall oder so, was da Forrest Gumpig im Hintergrund abläuft, aber immerhin eine Völlerbespuckung, die es sicher hin und wieder in doofe „Früher Mal“-Fernsehshows schafft.

Wir haben uns damals für friedliche Koexistenz entschieden, die WM und ich. Ich hatte kein besonderes Interesse an ihr, und die WM verstand das auch widerwillig, nachdem ich sie darauf hingewiesen hatte, dass ihr Interesse an mir auch nicht besonders ausgeprägt war. Das ging etwa gut, bis zur letzten Fußballweltmeisterschaft und der Premiere der feierlichen Manifestation der Schlandmentalität.

Heute ist ein Freitag, es ist Vorrunde und nein, ich habe nicht Geburtstag, falls das jemand denken sollte, bei dem großartigen ersten Satz dieses Schriftstückes. Es ist Vorrunde. Und ich bin hier alleine in meinem Protest. Er wird nicht so recht akzeptiert, der Protest. Ich fühle mich wie ein Erdbeerallergiker auf einer Erdbeerparty. Wenn ich sage: „Ne, ich darf keine Erdbeeren“ gucken sie mich meitleidig an, weil ich ja offenbar niemals die fantastischen Freuden des Erdbeeressens erlebt habe und murmeln: „Willst du nicht vielleicht doch ein bisschen?“
Die Schlandbewegung der letzten Jahre sorge nämlich still und heimlich auch dafür, dass man sich nicht einmal mehr in weibliche Klischees oder Inkompetenzen flüchten kann, denn schlanden kann jeder.

Aber ich bleibe jetzt auch mal stur. Here is why:

Ich schätze die potentielle völkerverbindene Komponente einer Fußballweltmeisterschaft. Wirklich. Als sie in Deutschland stattfand, war ich zum Teil in Bangkok. Und ich fand es unglaublich gut, dass es dort Großleinwände gab, für die, die sich trotz der Zeitverschiebung mitten in der Nacht Fußballspiele angucken wollten. Das ist gut. Das ist wie Oscars gucken. Und das macht bekanntlich auch nicht jeder.
Ich finde es auch gut, von Bangkok zurück zu flieger, über Dubai, mit einem Flugzeug voller Fans der Soccer(r?)oos, die für ein, zwei Spiele nach Deutschland fliegen, obwohl man so Australiern in dieser Disziplin keine besonderen Chancen voraussagt. Das ist alles schön und gut.

Meanwhile in Schland.
Es gibt Menschen, die gucken gerne Fußball. Die gucken auch gerne die Fußballweltmeisterschaft. Okay, das kann man nachvollziehen. Und dann ist da der Rest, der alle vier, vielleicht auch zwei, Jahre vor Patriotismus auf die Knie fällt und sein Gefährt in schwarz-rot-goldene Merchandising Produkte tunkt.
Und wozu denn nochmal genau? Ach ja, elf so Männer. Vielleicht habe ich deshalb ein Problem mit den ganzen Dingen, die da so ablaufen, weil eine Fußballmannschaft und die Reaktion auf diese geradezu antogonistisch gegen mein persönliches Gedankenzeug werfen, was ich inoffiziell als „Prinzipien“ bezeichnen würde, offiziell halte ich den Begriff aber für zu posh.
Eine Fußballmannschaft setzt sich aus Menschen zusammen, die nicht ich da hin getan habe. Eigentlich ist das sehr undemokratisch, aber im Kontext interessiert das, vermutlich zu Recht, niemanden. Es geht ja um die Beine und nicht ums Hirn, da kann man schon mal akzeptieren, dass man selbst mit den Leuten, die da „für uns“ Fußball spielen, überhaupt nichts zu tun hat. Denn: Das gemeine Volk hat so oder so keine Ahnung davon, was gut ist im Fußball. Und das trifft auch mich sogar zu, allerdings würde ich auch jene Entscheidung nicht treffen wollen, ich weiß ja, was ich nicht weiß.
Damit kann noch gelebt werden. Zumindest ich kann das ja ganz gut. Aber ich bilde mir auch nicht ein, Männern in kurzen Hosen zuzugrölen zu müssen, die hätten gefällst für Deutschland zu kämpfen.
Ich denke, Fußballer sind ein bisschen doof. Oder, anders gesagt, sie verfügen nicht über eine von mir präferierte Form von nach außen gezeigter Intelligenz. Ich glaube nämlich, Fußballer, insbesondere Nationalspieler, müssen ein furchtbar interessantes Leben haben. Was die rumkommen! Und wen die alles treffen! Die ist doch ziemlich toll. Bestimmt. Aber darüber sprechen die ja nicht. Man weiß nicht warum, schließlich können sie nicht so eindimensional sein, denn in der Regel umfassen die interessen außer Sport auch andere Aspekte des ganz normalen Alltags, wie beispielsweise schöne hirnunbetonte Blondinen und coole Hi-Society-Events. Das könnte man fast als Ignoranz bezeichnen. Nun ja. Wenigstens geht ein bisschen was in die Richtung Charity. Aber Charity ist natürlich auch vorallem hip.
So. Eigentlich, so ganz ehrlich, finde ich Fußball sehr unsympathisch. Es ist geprägt von überselbstsicherem Auftreten, milde ausgedrückt. In einer Person kann ich das nicht leiden. Nein, ich halte niemanden unverdient für großartig. Ich finde niemanden aufgrund seiner Nationalität super. Warum auch? Muss man einer Fußballmannschaft anders begegnen als Menschen?
Und dazu kommt von außen die gebrüllte Aufforderung an Perfektion. So. Perfektion stinkt. Perfektion ist langweilig und unmenschlich. Die Forderung an eine Menschengruppe, mit maschineller Fehlerlosigkeit zu agieren und ihnen andersfalls mit Aggression zu begegnen, halte ich für unfair.
Und da ist Fußball wohl extrem.  Der Vorteil von Weltmeisterschaften ist wohl, dass man da seine Aggressionen bündeln kann, und gemeinsam für Schland und gegen was-auch-immer sein kann. Andere Mannschaften, Schiedsrichter. Und am Ende ist es völlig legitim, zu hohe Forderungen zu stellen, wochenlang im Fanrausch Autohupen zu missbrauchen und dann auch noch den schlechten Verlierer zu spielen. Gemeinschaftlich ist das okay, ist ja Schland und WM, das muss man akzeptieren.

Auf Kommando und alle zwei Jahre, wenn die Schlandmaschine wieder anläuft.

Ich finde das nicht gut. Ich mag sympathische und unperfekte Menschen und Dinge.  Und Menschen und Dinge mit Humor. Und Fußball ist sowas von nicht so. Ich glaube auch nicht, dass ich aufgrund meiner (halben) Staatsangehörigkeit irgendwelche Dinge unterstützen müsste, die ich sonst nicht unterstützen würde. (Weichklopfen kann man mich allenfalls mit dem angebot, einer interessanten Beobachtungsmöglichkeit des menschelichen Sozialverhaltens. Aber das ist auch mit Spielverderbertum verbunden, also relativiert sich der Nutzen für Schlandanhänger auch hier. )

Kurz: Fußball ist mir einfach unsympathisch.
Und wenn man sympathisch sein will, dann akzeptiert man diesen Umstand bitte auch. Danke.

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