Dreistigkeiten

Nun ja, also. Die Idee, ein Picknick auf dem Schulgelände zu veranstalten gibt es schon ewig. Das liegt daran, dass der Schulneubau es schön zulässt. Der ist nämlich so gemacht, dass man jede Menge Dinge sieht, wenn man aus dem Fenster sieht. Das wäre was für eine Freistunde gewesen, aber wir waren ja im Abi, als das Wetter passte.

Und dann wollte ich doch wieder nicht. Nämlich aus dem Grund, weil ganz unten auf der Spaßskala steht: „Sich grundlos anmaulen lassen.“ Und so wäre es sicherlich gewesen. Das ist der Bruch sämtlicher unsichtbarer Paragraphen eines ungeschrieben Gesetzes. Dort drin sind beispielsweise die oft Erwähnte Abiturientenanfeinderei, besonders von Personen, die damit nichts zu tun haben, sowie Beleidigung des Lehrerfundaments.

Aber dann habe ich doch bei einer spontanen Ausführung des Vorhabens mitgemacht, vorallem, damit ich wieder einmal etwas erzählen kann. Wir hatten Handtücher, Erdbeersaftschorle, eine Wassermelone und zwanzig Sekunden, bis der erste Anpfiff kam. Von eine Lehrkraft vor einer Klasse, die mit dem Rücken zum Fenster sitzt. Natürlich ist so ein Verhalten inakzeptabel, und man soll bitte verschwinden, schließlich müssen andere Schüler arbeiten. Yes, sir. Ich weiß ja aus meiner langjährigen Gynasiumserfahrung, wie die jetzt noch arbeiten. Hangman? Tabu? Filme? Natürlich gibt es einen kleinen Prozentsatz von Pädagogen, die das in der letzten Schulwoche noch hinkriegen, aber weil sie schon so cool sind und sich noch was für ihre Schüler überlegen, sind sie auch cool genug, um sich von äußeren Einwirkungen nicht stören zu lassen. Und wenn doch: Das Herablassen von Rollos steht auf dem Notfallplan für abgelenkte Schüler ganz weit oben. (Anwendungsgebiete: Andere Klassen, Hund, Pferde, Bauarbeiter)
Platz Zwei: Immerhin fünf Minuten durfen wir bleiben, dann hab es ein zweiköpfiges Vertreibungskomitee.

Zugegeben, das „Projekt“ war nicht das Gelbe vom Ei. Aber die Toleranz ist wohl an meiner alten Schule schon besonders gering. Der konventionelle Schülerstreich ist schon lange ausgerottet, man durfte sich für jeden Schulordnungverstoß seine zwei Cent unparteiische Kritik von fremden Lehrern abholen. (Phänomen hier: Die Disziplin- und Ordnungskarte spielen immer nur Lehrer, die man nicht kennt. Warum eigentlich? Ist der Grundmodus bei Lehrern auf „Feind“ gestellt, bis sie jemanden unterrichten?) Schön war es damals, als wir Apfelstrudel vor der Deutschgrundkursklausur erteilt haben. (Da bei der Deutschleistungskursklausur ein Apfelstrudel den Feueralarm auslöste und die Klausur unterbrochen werden musste) Unsere eigenen Lehrer haben ihr Stück abgeholt und sich gefreut, fremde Lehrer haben eine Predigt über die potentielle Unfähigkeit von Kollegstufenschülern im Umgang mit Tellern und Gabeln, die eine Gefahr für den Teppichboden darstellen würde, gehalten.

Fazit: Auch ohne Verstoß gegen die Schulordnung, -vereinbarung etc. darf man nicht frei agieren. Wir sehen das jetzt als wissenschaftlich-soziologischen Versuch für die Nachwelt.

Tags: No tags

14 Responses

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *