Eine zeitlang sah es so aus, als wäre meine beste Option, am 21. von Frankfurt nach Nagoya zu fliegen. Nachdem ich mit Nagoya nichts besonderes anfangen konnte, außer, dass im VHS Japanischkurs, den ich mal einen Sonntag besuchte, einer der zwei anderen Teilnehmer irgendeinen Austausch mit einer Blasmusikkapelle in Nagoya am laufen hatte und jeden gottverdammten Beispielsatz dort spielen ließ. Oh, und einmal bin ich in Nagoya umgestiegen, als ich von Kyoto nach Ise wollte.
Wie sich herausstellte gibt es in Nagoya eine ganze Reihe toller Sehenswürdigkeiten: ein Zugmuseum, ein Wissenschaftsmuseum und eine architektonisch eindrucksvolle Bushaltestelle. Eigentlich hätte ich das alles sehr gerne besucht. Das Wissenschaftmuseum hat eine künstliche Aurora! Das Zugmuseum einen Maglev, dem japanischen Transrapid anno 2027 (vielleicht schon ein Stück bis zu Olympiade 2020)! Und auf der Bushaltestelle ist auf dem Dach Wasser und man kann drauf rumlaufen!
Doch dann stolperte ich über was, das sich „Kiso Valley“ nannte: Ein hübsches Tal, durch das ehemals eine der Handelsstraßen zwischen Edo/Tokio und Kyoto führte. Eine gab es zum Beispiel an der Küste, Tōkaidō (東海道 – östliche Meerroute), etwa da, wo heute der Tōkaidō-Shinkansen die beiden Städte verbindet und in den Bergen gab es auch eine, Nakasendō (中山道 – zentrale/mittige Bergroute). Diese ist zum Teil aufgeputzt für Wanderer, ganz besonders der etwa 8km lange Teil zwischen den besonders aufgeputzten Dörfern Magome und Tsumago. Und das ist so hübsch, dass der Lonely Planet dem eins seiner ungefähr fünf Farbfotos widmet. Das alles ist etwa eineinhalb Stunden von Nagoya entfernt, variiert nach Zug und Bus. (die meisten Busse fahren nur einmal pro Stunden tagsüber)
Jedenfalls war ich dann irgendwie recht angetan von der Sache und beschloss, auch wenn ich woanders lande – und es vom Flugdatum her passt – diese 8km entlang zu latschen. Dafür hab ich mir auch das scheinbar einzige Hostel gesucht, das irgendwie in der Nähe war, in Nakatsugawa, wo der Bahnhof ist, an dem man in der Regel in der Gegend ankommt, aus Nagoya oder Nagano.
Ich begann in Magome. In die Richtung muss man etwas weniger bergauf laufen. (Es bleiben etwa 2km, aber gleich zu Beginn) Bergauflaufen bei Wärme und hoher Luftfeuchtigkeit ist aber ganz lustig, immerhin kann man mal gucken, welchen Grad von Sturzbach Augenbrauen noch umleiten können, bis einem die Suppe in die Augen läuft. Japaner haben ja immer ein Handtuch, mindestens in Waschlappengröße mit. Ich hatte keins, weil ich „kein schönes fand.“ Ich mein letztes Mal hatte ich eins mit dämlich guckenden Katzen, lieber ätzt mir Salzwasser die Augen kaputt, als dass ich jetzt eins mit Streifen nehmen würde. Streifen haben keine Seele. Streifen sind meistens(!) nicht kawaii. (#shimapan)
Das Gute: Für 500¥ (3,88€) pro Stück kann man Gepäckstücke zwischen Magome und Tsumago transportieren lassen. Morgens gibt man sie im einen Touristeninfodings ab, nach 13 Uhr kann man sie im anderen abholen. Klappt super, alle freundlich, mit einem Tagesrucksack schwitzt man auch noch genug.
Zwischen den zwei Stationen führt der Weg durch Wald, manchmal etwas an Straßen entlang, manchmal durch Dörfer. Scheinbar gibt es irgendwo dort manchmal vielleicht Bären. In den Waldstücken sind alle paar hundert Meter Glocken, die man klingeln soll, um Bären die Laune zu versauen zu verscheuchen. Ich hab tatsächlich ein bisschen Respekt vor Bären, weil die auch nicht mit einem Bein zufrieden sind, sondern lieber gleich mit ihren Pranken Gedärme durch die Luft schlagen. Aber vermutlich sind sie sehr selten und wenn sie mal da sind, wollen sie eher ihre Ruhe als eine Runde Gedärmepolo aber wer weiß. Jedenfalls war ich ganz froh, dass da auch noch andere Leute unterwegs waren. Ein Spanier hatte auch eine Bär-verjage-Glocke am Rucksack. Scheinbar ist das in bergigeren/bärigeren Regionen durchaus üblich. Ich hätte jetzt auch gerne sowas. Nicht wegen der Gefahr, sondern wegen der Badassness. Ein PVC-Rohr gegen Haie, eine Kuhglocke gegen Bären.
Sonst fand ich die Wanderung sehr, sehr toll. Es ist ja unterschiedlich, was man so erwartet und sucht aber auf mich hat japanische Wildnis und japanische Dörfer eine sehr beruhigende Wirkung. Das ist nicht nur das Grün, das Moos und die Abwesenheit von Bären, sondern ganz besonders die Geräusche. Es zirpt, zwitschert und plätschert die ganze Zeit und lauter als irgendeine Einschlafräusche-App. Das ist ganz fantastisch, wie akustisches biolumiszentes Plankton, und auf Videos klingt alles meistens wie dummes Rauschen.
Eine Weile ging ich ja mit dem spanischen Bearmaster und seiner Begleitung, die wohl kein Englisch sprach, und redete mit denen, dann war ich wieder mit niemandem in unmittelbarer Nähe und konnte wieder Natur hören. Wahrscheinlich sollte man einfach den ganzen Weg die Klappe halten.
Ach ja: In der Mitte würde man in ein hübsches Haus mit offener Feuerstelle gebeten, bekam man Tee geschenkt und sollte dafür einen Touristenfragebogen ausfüllen. (Maestro Bearo +1 und andere gesehene Wanderer waren schon drin, es war ungefährlich.) Wahrscheinlich bin ich sehr käuflich, aber wer mir von der Straße weg frisch aufgebrühten Tee schenkt, gastfreundet sich in mein Herz.
Zurück ging es mit dem Shinano Limited Express Wide View, einem Zug zwischen Nagano und Nagoya der lächerlich geringfügig größere Fenster hat. Und keine freien Fensterplätze mehr. Aber was soll man machen, Züge mit Eigennamen, wie Shinano, will ich sowieso fahren. Von dort Shinkansen nach Osaka, denn von Osaka aus kann ich morgen am entspanntesten meine eigentlich geplante Rumfahrerei starten.
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