Fische

Seit gestern ist der kleine Fisch wieder im Teich. Und er lebt noch. Unsere Teichfische sind nicht wahnsinnig nett. Vor ein paar Jahren haben wir einen grauen Fisch und noch ein paar andere umgesiedelt. In sozusagen einen kleineren Teich. Oder eine eingegrabene Regentonne, wie man’s nimmt. Die Regentonne ist im Winter fast bis unten gefroren, und alle fische – bis auf den grauen – sind erfroren. Im Frühling sollte der graue Fisch wieder zurückziehen, in den großen Teich, damit er nicht so alleine ist. Lange gelebt hat er da nicht. Schon am nächsten Tag war er tot, und zwar war der ganze hintere Fisch verschwunden, gefressen von seinen auch so netten Mitfischfreunden. Soviel zu dem gewöhnungsbedürftigen Sozialverhalten unserer Teichfische. 

Vor etwa einem Jahr wollte meine Schwester dann Fische haben. Die im Teich sind nämlich blöd, die kann man ja gar nicht richtig anschauen. Sie wollte Fische im Wohnzimmer. Also haben wir ein Pseudoaquarium gebastelt, mit Teichwasser und Steinen unten. Mein Vater hat ihr dann zwei fische gefangen, einen großen und einen kleinen Goldfisch. Anfangs hießen sie noch Ike & Maggie, nach zwei Monaten aber nur noch Großer Fisch und Kleiner Fisch. Da kann man sie wenigstens nicht verwechseln. Großer Fisch und Kleiner Fisch haben bald außerdem für ihr Aquarium ein Schloss bekommen, ein graues ding, dessen Turm viel zu hoch war und immer aus dem Wasser herausstand. Wasserpest gab es auch noch, weil’s nett aussieht und weil das Wasser so nicht so schnell schlecht wird. Solange die Wasserpest noch grün ist jedenfalls. Wenn die anfängt zu gammeln, wird das Wasser noch schneller schlecht. Folglich hatten Großer Fisch und Kleiner Fisch etliche Wasserpestgenerationen über ihnen herumschwimmen. 

Dann gibt es da noch die Katze. Die Katze heißt Nicki, ist weiblich und vier Jahre alt. Das muss man aber nicht wissen. wichtig ist nur, dass die Nicki weniger kätzisch ist als normale Katzen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie mit der Flasche aufgezogen wurde und hatte somit wenig Kontakt zu Katzen. Sie weiß nicht, was Katzen tun. Das ist im Allgemeinen sehr praktisch. Sie kann beispielsweise nicht höher als fünfzig Zentimeter hoch springen und wenn sie tiefer als einen Meter springen soll, braucht sie schätzungsweise zwanzig Minuten Vorbereitungszeit, und davor rettet man sie gerne einmal vom Schrank, weil man es nicht mit ansehen kann wie eine Katze von einem Schrankende zum anderen geht, in der Hoffnung, dass irgendwo die Distanz zum Boden vielleicht nur den akzeptablen Meter beträgt. Eigentlich jämmerlich für eine Katze. Ansonsten aber recht praktisch: jedes Essen ist auf der Arbeitsplatte in der Küche sicher.. und überhaupt muss man nur alles weit hoch genug stellen, dann passiert nichts. 

Aber so ein Fischaquarium gehört eigentlich auch nicht auf einen Schrank. Somit kam das Fischaquarium auf den Wohnzimmertisch, der etwa vierzig Zentimeter hoch ist. Perfekt in Reichweite der Katze. Seltsamerweise schien die Katze nicht ganz zu verstehen, dass sich bei Goldfisch um ein nettes Katzenessen handelt. Stattdessen nahm sie das Goldfischbecken als dekoratives und originelles Trinkgefäß her. Großer Fisch und kleiner Fisch fanden das auch noch toll, sind anfangs noch gegen die weiße Pelzschnauze geschwommen, wenn sie man wieder im Wasser hing. Mit der Zeit wurde das den Fischen aber auch zu langweilig. So ging das über ein Jahr. Die Katze war auch öfters einen alleine mit den Fischen. Und immer war das Fischglas nur zum Trinken. 

Normalerweise geht die Nicki in die Katzenpension wenn wir wegfahren. Das liegt daran, dass man sie mit ihrer Unkätzischkeit lieber beaufsichtigt hat. An sich ist sich ja sehr gesellig für eine Katze und ist immer da, wo auch Menschen sind. Man weiß ja auch nicht, auf welche Gedanken die in einer längeren menschenfreien Zeit kommt.  

Das letzt Mal in der Pension hat sie sich allerdings mit Schnupfen angesteckt. (Schnupfen und Katzenschnupfen sind zwei verschiedene Dinge. Katzen können genauso erkältet sein wie Menschen, sogar recht häufig. Hat fast jede Katze im Winter. Katzenschnupfen ist schlimmer.. aber dafür gibt es Impfungen) Zudem war sie schon sehr beleidigt. Deshalb gab es vor ein paar Wochen die Premiere im Katze alleine lassen. Mit Fütterungsdienst selbstverständlich, wie bei normalen Katzen üblich. 

Gut. Man sollte vielleicht dazu sagen, dass es sich bei dem Urlaub sozusagen um den Firmausflug für meinen Cousin handelte.. ein paar Tage Hamburg. Mit der ganzen Familie von ihm, also Vater, Mutter und Bruder, und die mussten erst einmal zu uns kommen. Das hat der Nicki schon nicht gefallen. Mit dem älteren Bruder, Thomas, kommt sie ganz gut zurecht, aber der jüngere, Lukas, muss nur im selben Raum sein, dann fängt sie an zu fauchen. Also zog die Katze es vor, sämtliche menschliche Wesen zu meiden und sich zu verstecken. Immer, wenn man zu ihr geschaut hat, hat sie ihren Kopf in die entgegengesetzte Richtung gedreht. sie war also richtig angefressen. Warum auch immer. 

Dann war die Nicki ein paar Tage alleine. 

Und vier Tage später war nur noch Kleiner Fisch da. Meine Schwester wurde hysterisch und hat die Katze angeschrieen. Die Katze hat unschuldig geschaut. Und man hat versucht, sie zu beruhigen. Vielleicht verstecke er sich ja nur, der Fisch. (Entschuldigung, aber in diesem, bis auf das dumme Schloss und die Wasserpest, völlig leerem Behältnis ist das fast unmöglich) Bis Thomas unter dem Tisch ein angekautes oranges Ding herauszog, mit den Worten: „Des waramal a Fiesch“ (Wir haben es hier mit dem lungauer Dialekt zu tun. Und da heißt das Fiesch.) Schwester brach in Tränen aus, schrie die Katze an: „Verräter! Verräter“, floh in ihr Zimmer, ohne Abendessen. Und da hat nicht mal das mitfühlende: „ich verstehe es, wie es ist, wenn ein Lieblingstier das andere frisst.“ von Lukas geholfen, Experte auf dem Gebiet, schließlich hat sein Hund seine Schildkröte gefressen. (Gut gebissen, und sie ist an den Folgen gestorben) 

Es wurden dann verschiedene Märchen erfunden, etwa, der Fisch sei herausgesprungen, und die Katze wollte ihn wieder ins Wasser legen und hat ihn versehentlich halb gefressen. (??? Das würde nicht einmal ich glauben.) 

Das war Akt I des großen Fischdramas. 

Nach zwei Tagen Nickihass hatte sich meine Schwester dann beruhigt. Und Kleiner Fisch fühlte sich sehr einsam. Darauf folgten zwei Tage erfolgloses Fische fischen im Teich – der eine Kescher war zu groß und der andere zu klein – und die Erkenntnis, dass aus dem Teich kein Fischerl herauszubekommen war. Somit: Goldfisch kaufen. Wozu gibt es eine Zoohandlung? Auf dem Weg hat sich meine Schwester dann gleich noch gedacht, dass ein gefleckter Fisch viel schöner wäre. Also wurde ein gefleckter Fisch gekauft, und der nette Zooverkäufer hatte den hässlichsten im ganzen Geschäft erwischt. Er war wirklich hässlich. Er hatte praktisch keine Augen, sondern war nur schwarz, da wo die Augen sein sollten. Wahrscheinlich war es ein untoter Fisch. ( ;) ) 

Kleiner Fischt und Neuer Fisch haben sich anfangs recht gut verstanden. Aber scheinbar kam er mit dem Klima nicht ganz klar. In dem Aquarium herrschte nämlich ein sehr teichfischiges Klima, beziehungsweise war das nichts für weiche Fische. Der war wahrscheinlich nicht hart genug für die Vollreinigungen des Wassers, einmal pro Woche, wobei das Wasser danach schon eine andere Temperatur haben kann. (Ich habe das Ding noch nie geputzt. Aber ich glaube, das die Temperatur da schon anders ist.) 

Und gestern hat sich Neuer Fisch dann nicht mehr bewegt. Er hatte aber eine für einen toten Fisch relativ seltsame Stellung. Er schwamm nicht oben, nein, Neuer Fisch sah so aus, als würde er fressen, Kopf nach oben. Nur eben seltsamerweise ziemlich lange. Und an den Augen konnte man nichts erkennen, sie waren nicht da, aber er sah schon sehr tot aus. Letztendlich war er’s auch. (Es sei denn, es war ein untoter Fisch, dann ist er immer noch untot.) 

Kleiner Fisch kam zurück in den Gartenteich. Eigentlich wären bei Fische schon vor Monaten zurück gegangen, als wir zwei Wochen nicht da waren, aber das Sozialverhalten unserer sympathischen Teichfischis, hielt uns dann doch davon ab. Aber jetzt ist kleiner Fisch wieder im „Meer“. 

Und die Katze sitzt am Wohnzimmertisch und sucht verzweifelt nach ihrer Fischbowle. Man wird ich wahrscheinlich eine Blumenvase hinstellen müssen. 

 

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