Als ich in den Kindergarten ging, stand ich meistens früh auf um noch fern zu sehen, bevor ich losmusste. Heute wundere ich mich, dass ich das dufte und fragte mich, wie es früh es wohl tatsächlich gewesen sein muss, gemessen an dem, was ich in der Zeit alles sah.
Meistens guckte ich den Sender auf Sendeplatz elf von elf. Da war RTL 2. Glaube ich. Das war früher durchaus okay und sendete ganz viele Animedinge. Morgens kam zum Beispiel „Mila Superstar“, dessen Titelsong ich wohl ständig sehr laut und sehr falsch mitsang, sagte man mir. (Statt „Heut ist sie ein Volley-Ass“ lautete meine Version „Heut ist sie ein Volleyball.“ Ohne Frage ist das die bessere Version)
Dann war da noch eine Serie mit Mädchen, die mit Band rumturnten, was ich sehr gerne guckte, und eine mit einem Mädchen, das sich als Junge verkleidete und ständig von bösen Bösewichten gefoltert wurde. Das lief bei mir unter „Die Prinz Alex“ und ich weiß bis heute nicht, was das wirklich für eine Serie war. Vermutlich ging es um was völlig Anderes.
Das ist überhaupt das Problem. Ich erinnere mich aus dieses Serien an bestimmte Szenen, Figuren, Handlungsstränge, aber das meiste hab ich vergessen. Trotzdem ist es seltsam, dass mir manches davon abstrakt im Kopf rumhängt, seit ich drei oder vier Jahre alt bin.
Irgendwann wollte ich mal die Lücken füllen. Und überhaupt einmal sehen, was ich damals so gucke, nachdem mir ziemlich sicher die meisten Handlungsstränge damals zu komplex waren.
Mit „Mila Superstar“ fing ich an, da ich davon immerhin den Titel kannte. Und da das auch irgendwann später auf irgendeinem Kanal wiederholt wurde und dementsprechend nicht allzu schwer zu finden war.
Komplette Serienbox bei Amazon bestellt. Weil da irgendwas von „Limited“ stand und der Preis war in Ordnung. Ich gucke die erste der zwölf DVDs, dann hatte ich keine Lust mehr. Die spielen da die ganze Zeit Volleyball und das ist ein bisschen eintöning, wenn man mehrere Folgen am Stück gucken will, was man ja in der Regel tut.
Damals klickte ich noch ein bisschen herum und fand zufällig auch DVDs der Serie mit den mit-Band-rumturn-Mädchen, schob es da aber auf, noch mehr Geld für seltsame japanische Mädchensportdinge auszugeben. Letztens dann, als Schwester über mit-Band-rumturnen-Kram aus der Schule erzählte, packte ich mir das trotzdem in die Post. Schließlich ist „Hikari – Die kleinen Superstars“, wie die Serie hier heißt, da man ja in Deutschland blödsinnige Titelzusätze braucht, schließlich ist das immer meine erste Assoziation wenn jemand „rhythmische Sportgymnastik“ sagt. Also war ich dann im Besitz einer weiteren DVD-Box mit nur deutscher Tonspur und unfassbar hässlichen Menüscreens.
„Hikari“, Baujahr 1986, hat nur 19 Folgen von jeweils etwa zwanzig Minuten Länge. Habe die Serie in zwei Abenden nebenbei durchgeguckt. War okay. Es ging gar nicht nicht so viel um Rumgehüpfe, sondern auch viel Liebeskram, die Band von Hikaris lilahaarigen Nachbarn, böse Plattenbosse, dass man neidisch sein muss, dass Hikaris größte Favoritin, die „Königin“ Hazuki nur 39kg wiegt und dass man in Japan hauptsächlich „gehackten Kohl mit Kroketten“ isst. Außerdem bekommt man ständig Talismane geschenkt, man muss sehr oft „Ich werde ab jetzt noch härter trainieren und noch besser werden“ sagen und Jungs fotografieren Mädchen generell immer heimlich, besonders beim Duschen.
Lehrreiche Serie. Den Sinn von rhythmischer Sportgymnastik habe ich immer noch nicht verstanden. Aber gut. War zumindest überrascht, dass die doch nicht nur um Bänder und Reifen und Bälle und Seile und Keulendinger, die ich noch nie zuvor sah, ging. Voll blöd fand ich lediglich die letzte Folge, in der nach an einen kaum gezeigten aber offensichtlichen Wettkampf ein offenes Ende drangeflickt wurde, danach eine Szenen, die die Zukunft zeigen und wie sowie so sich das hochkomplizierte Love-Rectangle im Sand verlief. Orrr. Ich hatte ehrlich gesagt ganz viel Geheule und Drama erwartet. Und noch mehr Talismane und Kroketten mit gehacktem Kohl. Vermutlich die Produktion vorzeitig beendet oder so. Ist auch nachvollziehbar. Freiwillig entscheidet sich wohl niemand für eine Serie über rhythmische Sportgymnastik und Kroketten.
Aber ich bin manchmal ganz froh, dass mich meine innere Vierjährige auf sowas bringt. War gut unterhalten.